Es begann bei einem chinesischem Essen

Es geht es nicht um finanztechnische Details. Es geht mir um eine Besorgnis über unsere Finanzwelt, die der eine oder andere von Ihnen teilen mag, die ich zur Diskussion bringen möchte. Nun ist es bereits 9 Jahre her seit dem letzten Finanzdesaster und vieles ist bereits vergessen. Aber sind wir davor nicht gefeit, dass es bald wieder dazu kommen kann? Ich möchte unsere Abhängigkeit von allzu vielen, scheinbar unablässig wichtigen Zielvorgaben aufzeigen. Ich möchte aufzeigen, dass der Verlauf einer Finanzkrise stets ähnliche Züge aufweist. Also fast phänotypischen Charakter besitzt

Ausgehend von der damaligen Quelle der Krise, des überhitzten Immobilienmarktes zunächst in den USA, und dann weiter in Irland, in England und in Spanien, möchte ich über das kreative Potential der Akteure, die diese Krise ausgelöst haben sprechen.

Es sollen Verstrickungen und Abhängigkeiten, sowie mangelnde Kontrolle und Verantwortung zu Wort gebracht werden, gespiegelt an der Frage, wo lagen die Versäumnisse? Lassen sich solche Krisen vermeiden? Und besteht (k)eine Chance aus Vergangenem zu lernen?

Ausgangspunkt ist fast immer die Maximierung der Rendite. Letztlich liegt es fast allem wirtschaftlichen Streben zugrunde. Die Zeit für eine Krise ist immer dann gut, wenn scheinbar alles perfekt läuft. Oder anders gesagt, wenn man auf der Erfolgswelle schwimmt, im Sinne von, noch mehr, noch besser. Dieses ist meistens mit einer höheren Risikobereitschaft verbunden und durch den unmittelbaren Erfolg belohnt und steigert den Anreiz. Der Erfolg gibt Recht.

Die Fieberkurve steigt – vom Fusionsfieber – getrieben, so formulierte es der damalige Vorstandsvorsitzende der Mercedes Benz AG, Jürgen Schrempp. Bedenken sind spätestens dann wie weggewischt, wenn es geklappt hat. Der Mut wächst; Kontrollmechanismen werden außer Kraft gesetzt. Heute bei Volkswagen ist es die Dieselaffäre. Ich nenne es den Bill Clinton-Effekt. Er hat es einmal so formuliert:

„Du tust was Du tun kannst, denn niemand kann Dich daran hindern. Und dann tust Du es.“

Die Kontrollinstanzen beginnen wegzuschauen. Der Aufsichtsrat taucht ab. Nach dem Motto ich verstehe sowieso nicht was da passiert, was zählt ist der Erfolg. Und der ist da.

Bilden wir nicht unseren Nachwuchs entsprechend aus? Business Schools, in drei Jahren an die Wall Street, LSI in London, Praktikum bei Merrill Lynch und morgen Investmentbanker und übermorgen das neue Modell für die globale Attacke. Präsentation perfekt, alert, schnell, lebendig, gescheit, zielstrebig erfolgsverwöhnt, so hießen und heißen die Vokabeln.

Den Satz das tut man nicht, gibt es nicht.

So entsteht das heute neue Vehikel, und morgen wieder ein Anderes. Manchmal auch bei einem chinesischen Essen in New York. Vertreter der fünf größten Investmentbanken saßen in der Wall Street beim Lunch zusammen. Sie beschlossen ein neues Immobilienvehikel zu kreieren. Denn die aktuellen Anlagemöglichkeiten waren begrenzt. Es mussten neue Produkte geschaffen werden.

Gert Schneider (Name geändert), ein junger Investmentbanker, der Deutschen Bank wollte die Hypothekenanleihen neu ausrichten. Sie sollten ebenso attraktiv wie Unternehmensanleihen werden. Ein Milliardengeschäft tat sich auf. Zu seinen Mitstreitern gehörten Ravel Dany (Name geändert), Händler bei Goldman Sachs, Teo Kus (Name geändert) von Bear Stearns und, je ein Vertreter von der Citigroup und von JP Morgan waren ebenfalls dabei. Dies war die Initialgruppe der Fünf. Bei den nachfolgenden Treffen in der Wall Street – nahmen rund 50 Personen teil.

Sie befriedigten damit die wachsende Nachfrage institutioneller Investoren nach höheren Renditen. Denn, Pensionsfonds, Banken und Hedgefonds hielten festverzinsliche Werte in ihren Portfolios, die sich nahezu bei einem historischen Zinstief bewegten. Hätten sie nur damals geahnt, dass es knapp 5 Jahre später in der Folge einen Minuszins geben würde, wie hätten Sie sich entschieden? Mit diesen neuen „Wertpapieren“ (Konstrukten), die ein erstklassiges „AAA“ Rating erhielten, konnten die Investoren einen ganzen Prozentpunkt mehr erwirtschaften, als es mit zehnjährigen Treasuries möglich war.

An dieser neu geschaffenen lukrativen Produktkette verdienten Investmentbanker, Kreditgeber, Kreditvermittler, Makler und Ratingagenturen nicht schlecht. Wie immer lief das neue Modell eine Weile hervorragend, – bis zum totalen Overlay, einem Black Out.

Die Krise breitet sich wie ein Tsunami aus, – schnell und gnadenlos.

Erste Anzeichen der Immobilienkrise zeigten sich bereits im Sommer 2007. Dann ging es Schlag auf Schlag. Im Juli senkt die IKB die Ergebnisprognose. Vorstand Stefen Ortseifen tritt zurück. Die Commerzbank gibt bekannt mit 1,2 Mrd. € im Immobilienmarkt der USA investiert zu sein. Die Allianz ist mit 1,4 Mrd. € in verbrieften US-Hypothekenkrediten engagiert. Im August – ein Bankenpool um die staatliche KFW unterstützt die IKB mit zunächst 8,1 Mrd. € als Bürgschaft. Später wurde sie dann von Lone Star übernommen. Drei Tage später, am 3. August schließen drei deutsche Investment-Fonds vorübergehend. Weitere folgen. Fünf Tage später am 9. August, Spekulationen über hohe Verluste, mehrerer Großbanken legen den Markt lahm.

Der Markt für Tagesgeld auf dem sich die Banken Geld leihen kommt zum Erliegen. Die EZB stellt den Banken 94,8 Mrd. € zur Verfügung. Wiederum drei Tage später am 11. August räumt die WestLB ein Kreditengagement von 1,2 Mrd. € auf dem US-Immobilienmarkt ein. Nur ein Tag später am 12. August teilt die Postbank (heute Deutsche Bank und zum Verkauf stehend) mit, dass sie mit 600 Mio. € in zwei Gesellschaften des Rheinland–Fonds engagiert ist. Fünf Tage darauf, am 17. August muss die Landesbank Sachsen (Landesbank Baden-Württemberg) mit einer Kreditlinie der Sparkassen-Gruppe von über 17,3 Mrd. € gerettet werden. Dies war bekanntlich noch nicht das Ende. Wenige Tage später am 23. August stellen mehr als 50 US-Hypothekenfirmen ihre Tätigkeit ein. Es ist der Beginn des Arbeitsplatzverlustes von zehntausenden Menschen. Und damit ist es noch nicht zu Ende. Bereits im September erhält die britische Hypothekenbank Northern Rock von der Zentralbank eine Finanzspritze von 25 Mrd. €. Im Oktober verbucht Merill Lynch einen Milliardenverlust. Im November gleichen Jahres 2007 schreibt Englands größte Bank, die britische HSBC 3,4 Mrd. Dollar ab. Die Landesbank Baden- Württemberg hat Belastungen von 800 Millionen Euro. Auch die Deka Bank berichtet von Belastungen im dreistelligen Millionenbereich.

Im Abstand zu heute 10 Jahre später 2017 fragt man sich, es muss doch ein Wunder gewesen sein, dass es nicht zum Totalkollaps gekommen ist. Was ist eigentlich wirklich passiert? Das Zauberwort hieß Subprime oder anders ausgedrückt in einem Vehikel zusammengefasst. Was bedeutete dies? Wer verstand eigentlich noch genau was dort geschah? Sandy Weil, ehemals Vorsitzender der Citigroup, danach im Vorsitz des Aufsichtsrats, sagte, dass er diese Bewertungsmodelle nie wirklich verstanden hat! Die Banken haben diese neuen Produkte (Vehikel) entwickelt, sie „verbürgt“, gestückelt und an Dritte verkauft.

In vielen Fällen gingen diese Kredite einen langen Weg, von einer kleinen Stadt in den USA, wo die Sparkassen ihre Kunden noch kannten, bis hin zu den Banken in andere Länder wie Deutschland, – mindestens 8000 Miles entfernt. Die initiierenden Banken haben diese Kredite oft in verschiedene Tranchen zerteilt, ohne wirklich genau zu dokumentieren, was sich im Detail in den Paketen verbirgt und damit fundamentale Grundlagen der Risikokontrolle ignoriert. Das funktionierte nur so lange, wie die Häuserpreise in den USA um jährlich 10 bis 15 % stiegen!

Katalysator der Krise war die rückläufige Wirtschaftsentwicklung und ein vorherlaufend überhitzter Markt mit exorbitanten Preissteigerungen.

Man ist heute bereits wieder gewillt zu sagen: Déjà-vu? Heute 2017 haben wir schon wieder einen fast überhitzen Immobilienmarkt. Und wie war es doch davor mit dem „New-Economy Hype“, haben wir dieses alles bereits schon wieder verdrängt? Alle tanzten bis zum Schluss auf der Party mit. Alle sollten eigentlich daraus gelernt haben. – Nicht nur die Banken auch die Endverbraucher.

Heute ist die Empörung groß. Die Politik zeigte sich verwundert. Wie konnte es bei der WestLB soweit kommen? Sollte nicht die Braut auf Geheiß der Landesregierung schön gemacht werden – und dieses schnell; dies ging eben nur mit neuen Systemen?

Der Vorwurf, und darüber sind sich heute alle einig, dass die Ratingagenturen zu viele AAA-Ratings verteilt haben. Okay? Zu guter Letzt werden sie auch noch von den Banken bezahlt. Wie sollte da eine echte Kontrolle möglich sein.

Die Frage stellt sich, wer ist Treiber, wer Kontrolleur, wer Verantwortlicher des Ganzen.

Letztlich bleibt es beim Bürger sich zu informieren, kritisch zu bleiben und permanent zu Hinterfragen. Die Medien müssen helfen, diese Irrsinnsspirale rechtzeitig zu entlarven. Es muss mehr Wert auf eine faire Informationspolitik gelegt werden. Werbung und Marketing dürfen nicht mit psychologischen Verfahren bewusst falsche Informationen streuen. Hier muss mehr Transparenz her. Verstöße müssen geahndet werden. Aber dieses entspricht leider nicht unserem Systemverständnis, wo jeder mit allen Mitteln, die ihm zur Verfügung stehen um seinen Profit kämpft.

Zumindest wurde aus den vergangenen Krisen so viel gelernt, dass eine Rettung nur in einer konzertierten Aktion möglich ist. Es ist zu begrüßen, dass Fed, EZB, Regierungen und Aufsichtsbehörden zusammenarbeiteten, um diese Krise so schnell wie möglich unter Kontrolle zu bekommen. Wie lange das so bleiben wird, bleibt offen, irgendwann ist das eigene Hemd immer näher als das Andere. Wie sehen dagegen heute gerade die Absetzbewegungen der Vereinigten Staaten und den damit verbundenen „Amerika First“ aus. Vielleicht wird damit auch das Ende dieser Politik eingeleitet und die Nationalisierungswelle der Märkte führt zu einem „Reset“ allerdings sicherlich verbunden mit sinkendem Wohlstand. In UK können wir erste Tendenzen erkennen. Doch gemeinsam würde es sicherlich bessergehen.

Es war ein langer Weg
Vor 30 Jahren wurden an der Walls Street täglich für ca. 1,4 Millionen Aktien gehandelt. Haben Sie eine grobe Vorstellung wie viele Aktien es heute sind? 1,7 Milliarden Aktien – täglich. Subprime Produkte, die sich die Banken mit ihren neuen Vehikeln geschneidert hatten, waren wie des Kaisers Kleider, sie waren auf einmal weg. Das Konstrukt aus den maßgeschneiderten Vehikeln, Conduits und Structured Investment Vehicles, kurz: SIV`s genannt, haben sich über Nacht aufgelöst. Sie waren einfach weg. Letztlich sind es auch nur Zahlen, elektronisch verpackt und um den Globus geschossen. Lassen Sie es mich bildlich aussprechen, IKB und SachsenLB trugen von heute auf morgen nichts weiter am Leib. Diese „Gewänder“ werden seit Jahren von Investmentbankern und internationalen Kanzleien gewebt. Ein jedes mit vielen Fußnoten und hunderten von Seiten, die eigentlich niemand mehr überblickt. Die Investoren nicht, die Banken nicht, die Regulatoren nicht.

Aber alle machen mit. Hierin liegt eines der Ursachen. Diese Undurchsichtigkeit öffnet Tor und Tür in dem lukrativen Billionenmarkt. So kommt es, dass die Banken nicht einmal genau wissen, wie tief sie über verpackte Anlagen und Investmentvehikeln in die Sache verstrickt waren und zum Teil heute noch sind. Mir erzählte einer der betroffenen Banker aus dem Risikomanagement, ich habe die „Dose aus den USA“ aufgeklappt und hineingesehen, das dort über 15.000 Privathäuser zu einem Paket verstreut über zwei Bundesstaaten enthalten sind habe ich nicht geahnt, wie soll ich da unser Investment wieder zurückbekommen? Die Summe der Abschreibungen ist, so bitter es klingen mag, nicht das Problem.

Viel Schlimmer ist der Verlust an Glaubwürdigkeit, an Vertrauen, an der Qualität der Produkte, an einer fehlenden Zukunftsperspektive wohin die Reise gehen soll, damit man sich von diesem risikoreichen Pfad wieder verabschiedet.

Die Depression hat tief gesessen. An der neuen Werbestrategie der staatlich gestützten Commerzbank konnte man es gut ablesen. Wenn man heute mit diesen Bankern spricht erzählen sie einem, dass sie als Sparring-Partner sich dem potentiellen Kunden anbieten. Diese neue Crew der jungen Banker hat einen schweren Weg vor sich, denn letztlich müssen auch sie ihren Aktionären Rendite anbieten. Die Unternehmen im Social #Media Bereich oder in den neuen 4.0 getriebenen Bereichen, bis hin zu den Smart Produktionen mit vielfältigen Facetten, geben nichts mehr auf diese aus ihrer Sicht schrumpfende Bankenbranche. Google oder Facebook würde bis dato hier nicht investieren. Sie könnten leicht aus der Portokasse jede Bank kaufen.

Katastrophal ist auch der Verfall der Bankaktien! Und dies seit nunmehr fast 10 Jahren! Wer neue Produkte an der Kante webt, sollte wissen sich immer in diese Gefahr zu bewegen. Diese Produkte sind auf ein permanentes Wachstum der Volkswirtschaft ausgerichtet. Wenn sie nicht mehr funktionieren, krachen sie einfach zusammen und man entwickelt wieder Neue.

So kennt die Kreativität der Börse auch heute wieder nach dem Crash keine Grenzen. Sie muss ihrer Logik folgend weitermachen und aus dem Dilemma Schlüsse ziehen. Dies ist das Gesetz des Handelns. Ob hier staatliche Regeln helfen darf bezweifelt werden. Die Versuche dazu waren recht halbherzig. Die Bankenregulierung hat zwar etwas bewirkt, aber ob sie wirklich ausreicht ist fraglich. Zumal die nationalen Unterschiede und der Wille zu wirtschaftspolitischen Reformen in den europäischen Ländern ungleich ausgeprägt sind. Wie lange hat es gedauert bis Frankreich seine herrschende Elite, quasi über Nacht, weggefegt hat, um endlich Reformen einzuleiten.

Über das Vergessen
Der Deckmantel des Vergessens ist stets groß. Man kann sich leider darauf verlassen. So ist unsere Psyche nun mal zum Selbstschutz angelegt, Unangenehmes zu vergessen. Es hilft!

Fehler in einer Krise werden dadurch behoben, indem man die Köpfe, die Wirtschaftskapitäne, ausgetauscht. Sie dürfen Ihre Fehler nicht mehr beseitigen. Man entledigt sich des erfahrenen einstigen gefeierten Brain-Trusts. Er könnte ja infiziert sein und noch weiter ansteckend wirken. Die Lösung heißt dann fast immer: Eine neues, noch monströseres Supervehikel wird geschaffen und alles dort zur Fusion hineingekehrt.

Die drei großen US- Banken (Citigroup, Bank of America und GP Morgan) wollten einen Superfonds bilden, indem sie in ein Monstervehikel alle Risiken packten. Die Super Hypothekenbank entstand. Die Devise heißt fast immer: Sich entlasten und umzustrukturieren, letztlich die Verluste soweit es geht auf alle zu verteilen, also auch den Staat einzuspannen.

Sozialisation der Schulden wo immer es geht. Dies war die Stunde der Wahrheit.

Sparkassen und Länder zahlten bei der Zeche mit. Die Volkswirtschaft, also die Allgemeinheit muss helfen, schließlich hat sie ja auch nicht richtig mitgespielt und kein Wachstum mehr erwirtschaftet. Also hieß es, abschreiben und Sonderzahlungen des Staates einzufordern. Eines bleibt festzuhalten. Diese Krisen entstehen lokal, bleiben aber darauf nicht beschränkt, wie uns bereits 1857 die Erfahrung lehren konnte. Dieses ist heute in der vernetzen Weltwirtschaft mehr denn je ein unwiderruflicher Begleiter. Was wird uns in den nächsten Monaten die Sanierung italienischer Banken wohl kosten?

Es war nie anders. Denken wir nur zurück an die Finanzkrise von 1857
Es ist der Aufstand der Reichen an New Yorker Wall Street. Sie verlangten ihr Geld zurück. Aber die Banken in New York hatten kein Geld mehr. Sie hatten alles verliehen. Dieses Bild muss Steinbrück und Merkel bei ihrem legendären Auftritt vor der Kamera im Kanzleramt vor Augen gehabt haben, als sie vollmundig verkündeten: Die Spareinlagen sind sicher.

Die Realität war 2007 wie vor 150 Jahren ähnlich. Denn die Spareinlagen ihrer Kunden haben die Banken weitergereicht. Damals an die Getreidebauern im Westen, die Eisenbahnunternehmer im Norden, die Fabrikanten im Osten. Im ganzen Land haben sie Kredite verteilt und geglaubt, das Geld mit Gewinn zurückzubekommen. Ein Irrtum, ein Fehler, das hat sich herumgesprochen und nun stehen die Aktionäre, die sich noch vor ein paar Minuten für wohlhabend hielten, vor den Banken, die ihre Schalter und Türen schließen. Sie sind pleite.

Dieser Nachmittag des 13. Oktober 1857, an dem sich überall in New York die Banken für zahlungsunfähig erklären, sitzt heute noch tief im Gedächtnis. Genau wie damals, möchte man sagen.

Doch es blieb die Lust mehr aus dem Anlegerkapital zu machen. Es noch attraktiver anzulegen. Genauso wie unsere Investmentbanker 2005 an der Wall Street bei ihrem Abendessen beschlossen hatten, ein neues Vehikel zu entwerfen. Dieser Tag an dem die Bürger New Yorks die Banken stürmten und ihr Geld abheben wollten, bis es nichts mehr abzuheben gab. Dieser besondere Tag dieser bitteren Erfahrung wirkt nach. Die Spekulationsblasen sind wie damals einfach geplatzt. Schon damals war es eine weltumspannende (Wirtschafts-)Krise. Die Krisis ist eine Weltfrage geworden, so hieß es damals.

Doch auch heute hat diese Finanzkrise leider ein unschönes Gesicht, wie dieses in Stockton, Kalifornien, einer Provinzstadt mit 300.000 Einwohnern in den USA mit den meisten Zwangsversteigerung der Fall war. Jedes 31. Haus in der Stadt war betroffen. Die meisten Kredite wurden damals online abgeschlossen. Es versteht sich, zu besonders günstigen Konditionen. Einen Trend den wir auch hierzulande ebenso beobachten können. Kreditvergabe nach einer grünen Ampel. Man gibt seine Daten ein und es leuchtet rot, gelb oder grün. Subprime online! Subprime ist zu einem Synonym für diese Krise geworden, aber es ist nur die halbe Wahrheit. Denn die Baufertigstellungsraten wuchsen überproportional und die Immobilienpreise hatten sich zum Teil verdoppelt bis verdreifacht. Daher war es erkennbar, dass diese Entwicklung zu einem drastischen Rückgang führen würde. In Irland, (verdreifacht), In Großbritannien (verdoppelt) und wie sieht es heute schon wieder in Berlin aus. Exorbitante Vervielfältiger.

Fazit, Rendite ist wichtig, – sie ist sehr wichtig – aber sie ist nicht alles! Auch Rendite muss in einer lebendigen Kultur eingebettet sein. Nur durch Kultur kann auch Rendite wachsen und gedeihen.

Dies sollte kein Widerspruch sein. Diese Beziehung scheint verlorengegangen zu sein. Den Begriff Kultur können wir ersetzen durch Normen, Regeln, Verhalten, Anstand, Rücksichtnahme. Dies gilt besonders für globalisiert handelnde Unternehmen, letztlich noch mehr für die Finanzwirtschaft und ihrer Akteure.

Durch unsere Informationstechnologie können wir zeitgleich an jedem Ort der Welt, Handel in Echtzeit betreiben. Wir stellen eine zunehmende Sinnentleerung fest. „Merkwelt“ und „Wirkwelt“ brechen noch mehr auseinander. Wir wissen nicht mehr was stimmt. Wir müssen uns auf die Substanz von elektronisch übermittelten Nachrichten verlassen. Der Begriff Fak News ist zum Synonym dafür geworden. Das Verhältnis von Wirtschaft und Ethik gilt es vor diesem globalen Hintergrund neu zu ordnen. Fragen nach Gerechtigkeit tauchen immer schärfer auf.

Bilanzfälschungen, Enron und Worldcom sind traurige eindrucksvolle Beispiele, die wir alle schon wieder vergessen werden. George Soros sagte, Märkte sind von Grund auf unmoralisch. Leute mit Skrupeln hätten in diesem Umfeld keine Chance. Nun denn, es ist nichts Neues, aber es bleibt bitter. Ethik angeleitetes Handeln gebraucht andere Kategorien: Es ist an den Kategorien von Gut und Böse orientiert. Die ethische Qualität wirtschaftlichen Handelns ist nicht von einem institutionellen Rahmenwerk also Kontrollmechanismen abhängig. Die Frage, die ich aufwerfen möchte ist: Kann uns eine akzeptierte Wirtschaftsethik bei den Problemen des globalen Marktes, unserer wachsenden Ressourcenknappheit, bei den heutigen ökologischen Herausforderungen helfen, diese großen Herausforderungen zu bewältigen oder brauchen wir doch einen neuen globalen Ordnungsrahmen? Es bleibt festzuhalten: Waren unsere Banker gierig? Sind wir gierig? Sind wir verantwortungslos? Werden Krisen dieser Art immer wieder kommen?

Wer mit komplexen Systemen umgeht braucht ein vernetztes Denken, braucht Überblick und Weitsicht. Wir brauchen schlichtweg, da wir an die Grenzen unserer Machbarkeitsmöglichkeiten stoßen, Einsicht, – nicht alles zu tun, was wir tun können. Zumal nur um einer höheren Rendite zu frönen die Folgen immer gravierender werden, je mehr Wirkung unsere globalen Werkzeuge besitzen.

Es gibt kein eindeutiges „Faktum“ und keine unerschütterliche Sicherheit. Je mehr man sich auf das Faktum verlässt, desto mehr müssen wir feststellen, dass das von uns Geschaffene uns nicht die erhoffte Sicherheit gibt. Ein AAA Rating reicht nicht aus. Dennoch: Beides muss es geben.

Das rationale, rechnende Denken, das der Machbarkeit zugeordnet ist – und das besinnliche Denken, das dem Sinn nachdenkt. Indem nur dem Machbaren nachgedacht wird, stehen wir in der Gefahr zu vergessen, sich selbst den Sinn seines Seins zu bedenken.

Dem chinesischen Essen in der Wall Street hätte dieser Sinn – gutgetan – und vielleicht wäre die Freude, an einem köstlichen Dinner, mehr an Wert gewesen. Diese Grundentscheidung muss jeder für sich immer wieder erneuern, bei seinem Tun um sich selbst zu stellen.