Investmentkapital auf Reisen

Die internationale Finanzwirtschaft handelt nach ihren eigenen Gesetzen. Sie vernetzt durch ihre Kapitalströme Kontinente und wickelt Transaktionen nahezu zeitgleich rund um den Globus ab. Dabei werden die lokalen Disparitäten der Gesetzgebung in den verschiedenen Ländern und unterschiedliche wirtschaftlichen Prosperität der Volkswirtschaften und vieles weitere für Investmenttransaktionen ins Kalkül der Investmententscheidung einbezogen. Höchstes Ziel ist fast immer ein schnelles, lukratives Investment.

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Noch vor 20 Jahren gab es im deutschen Immobilienmarkt nur wenige „Global Player“.Die Immobilienwirtschaft galt als eine lokale Wirtschaft. Maximal wurde im Nachbarland investiert. Die Gegebenheiten der jeweiligen lokalen Märkte schienen zu unterschiedlich zu sein, und die Risiken eines unbekannten Marktes wurden als zu hoch eingeschätzt. Auch gab es allgemein noch die emotional-räumliche Bindung der Investoren. Man mag es heute schon als nostalgisch bezeichnen, wenn Investoren aus Norddeutschland auf einmal begannen in Leipzig zu investieren und als Grund angaben, dass sie dort geboren waren und daher ihr Interesse am Aufbau mitzuwirken, rührte.

Banken wollten ihre Kunden kennen
Der Grundsatz hieß Immobilieninvestment „is local business“. Die Bedeutung der lokalen Banken spielte eine gänzlich andere Rolle. Sie wollten Ihre Kunden kennen von Angesicht zu Angesicht. Die Verbindung von Real Estate Investment und der Zielsetzung „going public“gehörte noch nicht zu einem verheißungsvollen Geschäftsmodell so wie heute.

Bei Zinshöchstständen von 9,0 und mehr Prozent plus Tilgung startete das Investment mit einer Negativrendite und konnte sich alle drei Jahre Dank Mietpreisindexierung zuzüglich einer Inflationsrate um 2,5 %, langsam im Laufe der Jahre zu einem positiven Investment entwickeln. Also jedes Investment musste sehr sorgfältig abgewogen werden. Die Kontinuität der Marktentwicklung galt heute wie damals als entscheidend. Vor diesem Hintergrund waren Immobilieninvestitionen besonders für Investmenthäuser nur mäßig attraktiv.

Der neue europäische Markt wirkt heute für viele Investoren viel attraktiver.

Mit einer stärkeren Europäisierung des Marktes begann sich das Investmentverhalten grundsätzlich zu wandeln.

UK-Investoren und amerikanische Developer erkannten die ungeahnten Potentiale, sich in einem eigentlich recht verschlafen lokalen deutschen Markt zu engagieren. Herausragende Developments in den europäischen Großstädten galt ihr Augenmerk. Hines, Citibank und andere brachten eine neue frische „Denke“ ins Investmentspiel. Das Kapital war jetzt nicht mehr ausschließlich lokal gebunden.

Damit war auch eine andere Art der Verantwortung erwachsen. Das Investment war nun mehr denn je, einer reinen und vor allem schnellen Renditeerwartung verpflichtet und nicht sozial gebunden oder an einer allgemeinen sozialverträglichen Prosperität der Agglomeration orientiert. Es sollte möglichst schnell in kurzer Zeit ein Renditewachstum erwirtschaften.  

Neue Regeln beginnen das Investment zu bestimmen
Um die Risiken für den Investor zu minimieren, wurde das Investitionsvolumen nach dem Kauf schnell gestückelt und auf mehrere Anleger verteilt. Der Boom der Fonds mit seinen Steuerabschreibungen machte Furore. Ein eigenes Kapital mit Höhen und Tiefen wurde damit aufgeschlagen.

Der persönlich haftende Unternehmer geriet in Vergessenheit.

Non Re-Course Finanzierungen machte die Runde. Man begann die angelsächsische Terminologie zu übernehmen. Core und Core plus, Opportunities und NoI machte die Runde. Diese Begriffe fanden schnell Anklang, ohne jedoch die dahinterstehenden Parameter zur Berechnung genau definieren zu können. Da es an einer verbindlichen DIN-Norm fehlte, konnte jeder etwas anderes damit verbinden.

Performancesuche in der Immobilienwirtschaft
Um dem ganzen etwas Substanz zu geben, sprossen Privatinstitute und Fachhochschule hervor, die eine Schar neuer junger Menschen zu Immobilienexperten ausbildeten. Meist in sechs Semestern. Ein schnelles hineinriechen in alte Disziplinen wie Jura, Volks- und Betriebswirtschaft, Bauwesen, Soziologie sollte einen guten Überblick für das spätere Berufsleben in der Immobilienbranche schaffen.

Parallel entwickelte sich das Verbandswesen von FRICS und anderen. Damit konnte man dem schlechten Ruf des Vermittlers entgegnen. An der Wurzel, nämlich der Honorierung wurde jedoch nicht gearbeitet, sodass Vermittler mit drei Prozent bei einem Investment von 40 Mio. € heute immer noch von 1,2 Mio. Honorar träumen. Ihre Gegenleistung beschränkt sich leider oft auf den juristisch formgerechten Nachweis, der durch Softwareunterstützung und Internet erbracht zu seien scheint.

Der Abstieg kam jäh
Im Herbst 2008, also heute vor 10 Jahren gab es dann einen jähen Einbruch. Man wird sich vielleicht noch an die düstere Stimmung im Oktober auf der Expo in München erinnern. In diesen Tagen funktionierte der eine oder andere Geldautomat nicht mehr.  „Out of Order“ oder so ähnlich, hieß es auf dem Display´s der Geldautomaten.

Die Banken hatten alle Hände voll zu tun um Nebelkerzen und Beschwichtigung zu verteilen. Ich kann mich noch gut an eine Äußerung des Bankangestellten erinnern: „Das mach ich nicht für Sie“, ich hatte Ihn gebeten, Gold zu kaufen. Es folgt für manche Investoren und Kreditinstitute ein dramatischer Sturzflug. Im Zuge dieser Krise sind dann peu à peu so manche Investoren und vor allem Developer vom Markt verschwunden.

Nagelprobe Kunde versus Bank
Die ursprüngliche „Freundschaft“ zwischen Kreditinstitut und Kunde wurde jetzt meist einseitig aufgekündigt. Dabei hatten nicht selten beide Seiten die Folgen ihres Handelns falsch eingeschätzt, wobei die Investmentbanken den Prozess erst richtig zum Leben erweckt hatten.

Nun hätten sie ihn eigentlich gemeinsam anständig zu Ende bringen können. Doch jetzt galt eher das Gesetz des Stärkeren. Derjenige, der die besseren „Argumente“ hatte, konnte bestimmen. Dies waren nicht immer die Banken.

Auch sie begannen jetzt untereinander um ihren Fortbestand zu kämpfen. Hypo Real Estate wurde zu FMS Wertemanagement und musste um ihr Überleben kämpfen. Das Kernargument haben wir alle noch gut in Erinnerung: „To Big to Fail.

Die Ära der „Distressed Loans“
Es begann ein langer Prozess eines kontinuierlichen Abbaus von Distressed Loans. Bis 2014 waren fast alle Distressed Loans aus den Büchern der Banken bereinigt. Dies geschah auf die eine oder andere Art. Durch Verkauf der Assets, durch Verkauf der Loans, oder durch bestimmte Corporate Transaktionen, wo neue Shareholder jetzt die Verantwortung übernahmen.

Da von dieser Krise nicht nur Investoren, sondern in nicht unerheblichem Maß Kleinanleger in den diversen Fonds betroffen waren, hat sich die Beziehung der Bankkunden zu ihren Instituten drastische verändert. Bei den Kleinanlegern, die in Schifffonds investiert hatten, hält dies bis heute weiter an.

Glaubwürdigkeit bedeutet für Alle viel
Die Glaubwürdigkeit war dahin. Mit Werbeslogan: „Wir haben verstanden“ sollte ein Neustart eingeleitet werden. Auch der Versuch, sich in der Krise von Mitarbeitern insbesondere deren über 50-jährigen zu trennen, hat keine erkennbare wirtschaftliche Kehrtwende eingeleitet. Es fehlt bei der heute verordneten Niedrigzinspolitik schlichtweg an einem geeigneten Geschäftsmodell für die Kreditwirtschaft.

Der niedrige Börsenkurs der einst so stolzen Institute spricht Bände und kein Unternehmer der modernen „Social-Digitalen“ Welt zeigt Interesse, in diese Konzerne zu investieren oder sie zu übernehmen. Wir werden sehen wann der der Hebel umgelegt wird.

Die verlorene Rolle der Banken
Damit ist auch im Markt ein Regulator für Investments fast verschwunden. Da für die Banken die Vergabe von Krediten ihr ureigenes Geschäftsmodell ist, mussten sie unmittelbar nach der Krise wieder Kredite vergeben. Trotz ihrer, zum Teil bitteren Krediterfahrungen mit internationalen Investmentplayern, die mehr denn je nur kurzfristige Investmentabsichten verfolgen, haben sie wieder Non Recourse Finanzierungen abgeschlossen, wenn auch zu besseren Konditionen.

Gewinner in der Krise
Die neu auf dem Parkett hinzugekommenen internationalen Investoren hatten mehr als alle anderen die neue Chance der Opportunities nach der Krise erkannt. Die Banken hatten bereits davor schon negative Erfahrungen mit ausländischen Fondsgesellschaften gemacht und feststellen müssen, wie schnell sich eine Kundenbeziehung im wahrsten Sinn des Wortes in Luft auflösten, da es keine Ansprechpartner mehr gab oder einfach die „Eingangsschlüssel“ abgegeben wurden.

Während sie auf der einen Seite ihre Kredite abwickelten, wurden auf der anderen Seite neue Kredite an ausländische Kapitalgesellschaften vergeben, die nach der Krise Loans und Assets zu Schnäppchenpreisen, aus heutiger Sicht, kauften.

Deutsche Investoren waren fast gänzlich vom Markt verschluckt. Und schon gar nicht hatten deutsche Developer eine Chance zum neuen Einkauf, denn sie waren meist am stärksten von der Krise gebeutelt.

Schnell und viel muss es sein
Die aktuellen internationalen Investoren haben sich auf das schnelle und schmerzlose Business beschränkt. Schnell heißt, in einem Jahr möglichst eine Milliarde Euro an Bestand aufbauen. Dies bedeutet eine unkomplizierte schnelle Prüfung. Im Focus müssen Immobilien mit einer kurzfristig nachhaltigen Rendite um 6% liegen.

Die Lage, oder die mittelfristige Perspektive steht nicht unbedingt im Vordergrund. Entscheidend ist ein akzeptabler Mietvertrag. Denn ihre Zielsetzung heißt „Going Public“. Dazu müssen sie sehr, sehr schnell das Portfolio aufbauen, um es dann an die Börse zu bringen. Dazu akzeptiert man schon mal einen höheren Kaufpreis. Entscheidend ist, dass Geschäftsmodell nicht zu gefährden. 

Das Kapital zum Ankauf bleibt weitgehend verborgen und wird über etliche Firewalls geschützt. Es besteht dort kaum Interesse sich am lokalen Markt längerfristig einen guten Namen zu machen. Warum auch. Denn die Zeit für ein derartiges Vorgehen und gleichzeitig pushen des Marktes ist zu kurz. Danach kommt der Absturz. Bis dahin muss alles wieder aus den Büchern sein.

Man kann sich schließlich wieder einem weiteren neuen lokalen Markt in Europa zuwenden. Da es sich um mehrere, nennen wir sie „Investment-Agenturen“ handelt, tragen sie in der Summe zu einer deutlichen Überhitzung des Marktes bei. Die Preise steigen dadurch heftig. Wichtig ist dabei wie immer, den richtigen Zeitpunkt zum Absprung nicht zu verpassen.

 

 

Autor: DR. BRÜGGEMANN GMBH

Die Brüggemann GmbH ist seit 1996 erfolgreich als Beratungs- und Entwicklungsgesellschaft im gewerblichen Real-Estate- und im Corporate-Sektor tätig. Ihre Partner/innen verfügen über einen breiten Erfahrungsschatz.

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