Der deutsche Immobilienmarkt steht Kopf

Es ist nichts Neues. Schon in der letzten Dekade ist der deutsche Immobilienmarkt Achterbahn gefahren. Angefeuert durch die Verbriefungspolitik der Banken hatte der Immobilienmarkt zwischen 2005 und 2007 rasant an Fahrt aufgenommen. Dieses wurde jedoch durch die Subprime-Krise und der daraus folgenden Weltwirtschaftskrise, innerhalb weniger Monate komplett ausgebremst. Sicherlich steht die derzeitige Entwicklung des deutschen Immobilienmarkts unter anderen Vorzeichen als damals.
In meiner täglichen Arbeitspraxis bekomme ich mehr und mehr den Eindruck, dass Investoren, die ihre Investmententscheidung auf sauber recherchierten Vergleichstransaktionen basierend, heute die geforderten Kaufpreise bei weitem nicht mehr erreichen können.
Nicht dass ich hier falsch verstanden werde, ich rede nicht von „utopischen Mondpreisen“, sondern von Kaufpreiserwartungen der Verkäufer, die tatsächlich am Markt erzielt werden. Nun könnte man fragen, wie denn heute aktive Investoren ihre Kaufentscheidung begründen würden. Aus meiner Sicht kann es nur zwei Gründe geben:

1. Der Investor prüft gar nicht, oder nur unzureichend,
2. Oder die Ankaufskalkulation wird von den Eingangsparametern so angepasst, dass der geforderte Kaufpreis erreicht wird.

Hierbei sei die Anmerkung erlaubt, dass Akquisitionsmanager in der Immobilienbranche in der Regel zu einem wesentlichen Anteil über seine akquirierten Transaktionen entlohnt werden. Mit anderen Worten: Kein Deal, kein (oder wenig) Gehalt.

Im Übrigen sind die angepassten Kalkulationen nicht falsch. Es werden lediglich zukünftige Wachstumsraten, sowohl des Miet- als auch des Investmentmarktes, eingepreist. Für Fehleinschätzung wird dieser Akquisitionsmanager wohl nicht zur Verantwortung gezogen werden, wenn er zum Zeitpunkt des Marktzusammenbruchs überhaupt noch im Unternehmen tätig ist. Die Entscheidungen sind schließlich woanders getroffen worden. Fern ab vom lokalen Markt in New York, Hongkong, London oder Tel Aviv, – im gut klimatisierten Glastower.

Hier kann man einen deutlichen Kulturunterschied zwischen privaten mittelständischen ortsansässigen Unternehmen erkennen, die ihr eigenes Geld investieren und global agierenden Konzernen, die fremde Mittel verwalten, beziehungsweise im Auftrag des Shareholders investieren.
Ein Eigentümergeführtes Immobilienunternehmen wird seine Kalkulation in der Regel nicht der aktuellen Kaufpreiserwartung des Verkäufers anpassen. Dies hat auch mit allgemein moralischen Grundsätzen, im Worst-Case Szenario, und der Einbettung in hiesige Handlungsgrundsätze ordentlicher Kaufleute, zu tun. Die Vorstellung eine GmbH, wenn es schief geht, quasi bereits vorab eingepreist in die Insolvenz zu schicken, gibt es für einen ordentlichen Kaufmann nicht.

Bleibt die Frage, ob wir es schaffen, unsere moralischen Vorstellungen und die aus einem privaten Vermögen erwachsene Verantwortung, der nächsten Generationen weiterzugeben. Das internationale Kapital handelt ganz anders. Ein erfahrener privater Immobilienkaufmann wird dagegen sein Lebenswerk, bei einer schnell unbedachten Fehlentscheidung, durch den rasant steigenden Markt, nicht uneingeschränkt riskieren wollen. Denn nach dem steilen Aufwärtstrend bis zum Gipfel, folgt bekanntlich die rasante Talfahrt.

Eins hatten alle Krisen gemeinsam: Kaum einer konnte den exakten Zeitpunkt vorhersagen.

Es bleibt festzuhalten: Die Geldschwemme, der Niedrigzins und der in den letzten beiden Dekaden für internationales Kapital immer attraktiver werde deutsche Immobilienmarkt treiben bis dato ungezügelt. Die Mieten und die Kaufpreise auf historischen Höchstständen. Es vergeht kein Quartal ohne neue Rekordmeldungen. Der lokale private Immobilieninvestor fragt sich mit hochgezogenen Augenbrauen, was passiert eigentlich wenn die Zinsen steigen?

Wer soll zukünftig die prognostizierten Mieten noch bezahlen können? Ist der Schweine-Zyklus ein Phänomen der Vergangenheit, – sicherlich nicht? Ich hoffe für alle Beteiligten, dass die Antwort nicht heißt: „Dann lasse ich die GmbH eben halt pleite gehen.“