Investmentkapital drängt und verändert die Stadtstrukturen – verpassen wir die Zukunft?

Berlin wächst. Der Immobilienmarkt wird besonders durch ausländisches Kapital getrieben. Die sich heute rasch neu formierende Hauptstadt steht im Wettbewerb zu anderen europäischen Hauptstädten. Paris und London haben gezeigt wohin die Reise zu einer Metropole führt, aber damit ebenso auch, wo die Probleme einer schnell wachsenden Stadt liegen. Soziale Segregation, dem Entstehen neuer Siedlungsstrukturen, insbesondere in den Randbereichen der Stadt, meist ohne kulturelles Fundament und ohne soziale Einrichtungen. Dagegen in der Kern-City immer mehr Monostrukturen, die durch Luxus-Einkauf, Restaurants, Lobby und hochwertige Dienstleistungen geprägt werden. Ausländische Investoren haben diesen lukrativen Wachstumstrend schon lange erkannt und sehen darin klar ihre heutigen Investmentchancen.

Eine Wohnanlage in dem Berliner Brennpunkt „Kottbusser Tor“, einst eine No-Go-Area für ausländische Investoren, ist für sie heute schon lange kein Tabu mehr. Während die Inländer noch diskutieren, erfolgt der Besitzwechsel im Vorbeigehen. Kapital ist scheinbar in großen Mengen vorhanden.

Die notwendige Herausforderung des Bewahrens von Multifunktionalität in der City, also Wohnen zu akzeptablen Mieten, die im Verhältnis zum Durchschnittseinkommen stehen, Einkaufen und soziales Leben, werden scheinbar in der öffentlichen Diskussion auf das Zügeln einer Mietpreisentwicklung“ reduziert, als ob man dem drängenden Kapital damit etwas wirksames Entgegensätzen könnte. In Paris und London hat es nicht funktioniert. Und in anderen Metropolen ebenso wenig.

Die Stadtentwicklungspolitik hat kaum noch die Chance, Leitlinien, Perspektiven und vor allem, mitreißend und kommunikativ für ihre Bewohner, für etwas Neues, Faszinierendes zu werben. Hoffnungslos unterbesetzt, im Dschungel der Tagespolitik und Verordnungen eingebunden, ist von der Politik wenig Durchschlagendes zu erwarten.

Hinzu kommt der in den nächsten Jahren dramatisch einsetzende Wandel in der Verkehrsinfrastruktur. Mit 5G schnellen Netzen und der fortschreitenden 4.0 Revolution auf allen Ebenen, nicht nur in der Produktion, wird der Anforderungskatalog an die Stadtgestaltung und -entwicklung völlig neu definiert.

Smart City braucht Antworten, aber auch Leidenschaft. Wer heute dafür die richtigen Weichen stellt, wird morgen davon profitieren. Es wird Zeit gerade in Berlin mehr darüber zu sprechen. Neue Fahrradwege sind nicht falsch, aber zu wenig, um der Zukunft professionell zu begegnen. Es braucht eine breite Diskussion. Eigentlich wären die Voraussetzungen hervorragend. Das Kapital sucht Investment. Eine Hauptstadt im Wandel, wie keine andere. Was fehlt: Ist ein tiefgreifender Dialog mit allen relevanten Playern. Wollen wir ihn beginnen?