BIEN VENUE À BERLIN

In diesem großartigen Ambiente des China Club in Berlin hatten wir erneut die Gelegenheit gemeinsam mit der Société Générale und unseren Gästen, uns über die Entwicklung der internationalen Finanzmärkte mit einem Ausblick auf 2023 auszutauschen.

Unser Fazit: Lassen Sie uns trotz angespannter Zeiten positiv nach vorne schauen. Wichtig wird bleiben, dass wir unser Grundverständnis für gemeinsames Handeln nicht verlieren.

Die uns in Europa zur Verfügung stehende wirtschaftliche Kraft und große kulturelle Vielfalt sind immens. Sie gilt es zu nutzen. Unsere gemeinsame Solidarität ist ein guter Anker.

Einen besonderen Dank allen Teilnehmern!

Das Investment in Polen konzentriert sich auf bestimmte Städte

Seit 15 Jahren beobachten wir den polnischen Immobilienmarkt aufmerksam und sind dort engagiert. In den letzten Jahren war ein rasanter Zuwachs an ausländischen Investments zu verzeichnen gewesen, wobei neue ausländische Investoren hinzugekommen sind, und die ersten Investoren heute eher bestrebt sind, ihre Assets zu veräußern. 

Erst kürzlich konnten wir Wohnportfolien an diese neuen Investoren, die besonders vom „Change des Marktes“, hin zu einem mehr mietorientieren Wohnungsmarkt überzeugt sind, verkaufen. Nicht zuletzt wird dieses ebenso durch die Kreditinstitute gesehen und positiv begleitet. 

Um den aktuellen polnischen Immobilienmarkt mit seiner Dynamik und seinen     Besonderheiten besser beurteilen zu können ist es hilfreich, seine Historie zu kennen. Wenn wir an polnische Städte denken, dann stehen oft Krakau, Wroclaw, Posen, Stettin, Danzig und natürlich Warschau ganz oben an. Lubin, Bialystok, Olsztyn Zamosc sind in der Regel weitgehend fremd. 

Das Augenmerk im Investment beschränkt sich eher auf Standorte westlich von Warschau, und hier besonders auf die oben genannten Städte. So ergibt sich ein deutliches West-Ostgefälle. Aber auch östlich von Warschau bieten beispielsweise Logistikstandorte ein lukratives Investment. 

Zweifelsfrei ist die wirtschaftliche Dynamik in Warschau ungleich höher. Grundsätzlich konnten wir in der Vergangenheit in Polen einen stabilen, stetig anwachsenden Investmentmarkt verfolgen, der sich u.a. in den erheblich gestiegen Wohnungspreisen widerspiegelte. In Warschau konnten zum Jahreswechsel 21/22 noch durchschnittliche Kaufpreise von 12.000 PLN pro Quadratmeter erzielt werden.

Auf dem Weg zu einem Mietwohnungsmarkt

Polen zeichnet sich ähnlich wie Griechenland durch einen „Eigentümer“- Wohnungsmarkt aus. Im Gegensatz zu Deutschland, wo sich nach dem 2. Weltkrieg ein politisch geförderter Wohnungsmietmarkt verfestigen konnte. Dies gilt ganz besonders für die großen Städte, insbesondere in Berlin mit einem Wohnungsmietanteil von immerhin 86 % im Gegensatz zu 16 % in Warschau.

So wie in Deutschland sind in Polen die Kaufpreise für Eigentumswohnungen, ganz besonders in Warschau rasant gestiegen, wenngleich der Kaufpreis pro Quadratmeter im Vergleich zu Deutschland noch deutlich niedriger liegt. Hinzukommt, dass die erzielbaren Renditen in Polen erheblich höher sind. 

Interessant ist, dass der polnische Wohnungsmarkt sich in einem Wandel hin zu einem mehr vermietbaren Wohnungen entwickelt. 

Eine der Gründe sind die gestiegen Kosten für den Wohnungskauf. Ein Kauf ohne Kredite, wird aufgrund der hohen Preise, immer schwieriger. Auch sind junge Familien nicht mehr bereit, ihre gesamten Ersparnisse in den Barkauf für eine Eigentumswohnung zu investieren, zumal sie heute sehr viel flexibler und mobiler bei der Arbeitsplatzsuche sind. Somit hat die Nachfrage nach Mietwohnungen in Polen deutlich zugenommen. 

Wirtschaftliche Entwicklung 

Die volkswirtschaftlichen Eckdaten für Polen waren bis dato hervorragend. Nahezu Vollbeschäftigung. Polen konnte bis zur Pandemie mit einem stetigen Wachstum aufwarten. Die Pandemie war jedoch wie andernorts ebenso, ein Wendepunkt. 

Der gesamte CEE- Investmentmarkt erzielte im Jahr 2020 einen Rückgang von 32 %. Dies ist auch deshalb von Bedeutung, da Polen als Zugpferd für die gesamte osteuropäische Region gilt und damit wichtiger Taktgeber für die anderen osteuropäischen Staaten ist.

Kaum Angebote bestehender Wohnportfolien

Interessant ist, dass auf dem polnischen Wohnungsmarkt kaum bestehende Wohnportfolien angeboten werden. Es gibt schlichtweg keine größeren Immobilienhalter. Auch die Bereitschaft zur Sanierung bestehender Wohneinheiten in den Innenstädten ist äußert gering. Dafür gibt es mehrere Gründe. 

Das Interesse der Developer/Investoren besteht mehr darin, leider auch zum Teil an schlechten Standorten, neue Wohnapartments in nennenswerter Größenordnung zu realisieren. 

Nicht selten fehlt dort eine passende öffentliche Infrastruktur und Nahversorgung, ganz zu schwiegen von attraktiven städtebaulichen Erschließungsplänen. Hierdurch werden die Probleme von morgen geschaffen, ähnlich wie wir es aus den frühen 70-iger Jahren kennen. 

Ähnliches gilt für einen unglaublichen Bauboom an der Ostseeküste. Mit nahezu hoch verdichtetem Wohnungsbau, von nicht selten 6-geschossigen Apartmenthäusern. Zum Teil im dafür gerodeten Wald, unmittelbar an der Ostseeküste liegend. Auch die gewachsene Identität kleiner Ortschaften wird dadurch massiv verändert. 

Gute Chancen für City-Investments

Dagegen bestehen aus unserer Sicht noch sehr große Potentiale durch eine städtebauliche Innenstadtverdichtungen mit modernisiertem, klimagerechtem Wohnraum und einem ausgewogenen Mix von Wohnen, Arbeiten und Freizeit. 

Sicherlich werden in den nächsten Jahren diese Stadtviertel mit heute oft wenig attraktiven Wohnungsangeboten in Zukunft, deutlich an Attraktivität und vor allem auch an Wert gewinnen. Die Konkurrenz an Developern ist hier derzeit noch sehr gering. 

Eine der Gründe dafür ist, dass bei Neubaugebieten in der Regel recht zeitnah eine Baugenehmigung erteilt wird, im Gegensatz für Planungen und Bauen in den Innenstädten. Ein zügiges Bauen am Rande der Stadt ist ohne große städtebauliche Auflagen möglich und bietet damit noch gute Margen.  

Vielleicht wäre ein antizyklisches Handeln das Gebot der Stunde. Denn antizyklisches Handeln verspricht mittelfristig hohe Renditen. Dies dürfte nicht nur für die Toplagen zutreffen. 

Zunehmend mehr Forward Deals

Forward Deals mit internationalen Investoren sind in Polen noch nicht überall an der Tagesordnung. Hinzukommt der sogenannte Development-Standard, unter dem in Polen verstanden wird, dass der Käufer ein nahezu rohbauähnliches fertiggestelltes Apartment erwirbt. 

Also ohne Kücheneinrichtung, ohne Badausstattung, ohne Fliesen und ohne Estrich. Die Privatkäufer haben dann in Eigenregie selbst ausgebaut. Damit konnten sie zum Teil preisgünstiger agieren und auch der Kaufpreis war zunächst geringer, dass den Barzahlern entgegenkam, da in der Vergangenheit nicht selten ohne Kreditaufnahme gekauft wurde. 

Bei dem Erwerb der internationalen Fonds ist dies jedoch nicht möglich und so müssen, sowohl Developer als auch Investoren nicht selten voneinander lernen ein passendes Agreement zu finden, wo beide Vorstellungen von Developer und Investor im Forward Deal angepasst werden müssen.

Erste Veränderungen am Investmentmarkt

Der Einzugsbereich Warschau mit seiner Wirtschaftsregion liegt bei ca. 3,5 Mio. Einwohnern und ist damit zweifelsfrei der größte Investmentmarkt in Polen. 

Bislang wurde der polnische Markt als ein sicherer Investment Standort gesehen. Durch den an der polnischen Grenze stattfinden Ukrainekrieg hat sich jedoch einiges verändert und die Markteinschätzungen werden davon unweigerlich tangiert.

Wie nachhaltig dieses sein wird, lässt sich aus unserer Sicht noch nicht abschließend beurteilen. Immerhin konnte Deutschland damals, trotz des sogenannten eisernen Vorhangs prosperieren, wenngleich erst nach 89` der internationale Investmentmarkt regelrecht eine internationale Boomphase erlebt hat. 

Insofern sollte es auch nicht überbewertet werden, wenngleich die lokalen Sensibilitäten in Polen deutlich höher sind. Bemerkenswert ist zu beobachten, das derzeit eine Reihe von seit langem in Polen engagierten Investoren eher bestrebt sind ihre Assets abzustoßen, während auf der anderen Seite neue Investoren hinzukommen, nicht selten auch dadurch geleitet, dass die Renditen (vorausgesetzt bei einer Risikogleichsetzung unter den EU Länder) noch vor einem Jahr deutlich höher lagen, als im Vergleich zu Deutschland.  

Inflation und die nationale Währung stellen ein Risiko dar

Durch die anhaltende hohe Inflation von aktuell 16.5 %, Stand August 2022 und den Zloty als eigenständige Währung (Umtausch 1 EUR = 4,72140 PLN – Stand 31.8.2022), als auch durch die sich seit geraumer Zeit anhaltenden Divergenzen zwischen der EU in Brüssel hinsichtlich der Rechtsstaatlichkeit der polnischen Gerichte, wie ebenso einer schwindenden Pluralität der Presse,  bleibt es abzuwarten, ob sich dieses Divergenzen auf den Investmentmarkt auswirken werden und wenn ja, in welcher Geschwindigkeit es zu Veränderungen führen wird. 

Dabei dürften die Reparationsforderungen, von gutachterlich errechneten 1,3 Billionen Euro also rund 6,1 Billionen Zloty eher zu einer Verunsicherung beitragen.

Da die Mieten im Wohnungsbau in Zloty gezahlt werden, kommt diesem eine besondere Beachtung zu. Es bleibt offen, ob der polnische Markt derart robust ist, dass es Verwerfungen in Eurozone verkraftet und vielleicht sogar gestärkt daraus hervorgehen kann. Ähnlich wie in Großbritannien, wo man im „Cut zur EU“, eher seine Chancen sieht. 

Also es bleibt abzuwarten, ob sich die enge Verflechtung zwischen den beiden Hauptakteuren, Deutschland und Polen auflöst. Die Vorstellung ist, dass Polen sich zukünftig mehr unabhängig voneinander entwickeln wird, letztlich sogar davon dann profitiert. Dies setzt allerdings eine deutliche Intensivierung von adäquaten starken Handelspartnern voraus. Mit dem inhaltlichen Ausbau der Visegrad-Gruppe (Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn) wird eine sowohl politische wie auch wirtschaftliche Intensivierung befürwortet.

Anzeichen einer Krise?

Aktuell beobachten wir in Deutschland eine sich deutlich verschärfende Immobilienkrise. Die sich auch in Polen, mit einem Zeitversatz, ebenso einstellen könnte. 

Unabhängig davon sind wir der Auffassung, dass der polnische Immobilienmarkt noch genügend Potentiale birgt und dies ganz besonders, in der Revitalisierung des Wohnungsangebots in den Innenstädten. Hier bieten die auch Mittelstädte gute Chancen. 

Letztlich auch unter den gleichen Vorzeichen wie in Deutschland, wo schon heute bereits deutlich erkennbar im Laufe der nächsten Jahre der Individualverkehr aus den Innenstädten zurückgedrängt wird, mehr Grün Einzug hält und die Wohnanlagen unter Umweltgesichtspunkten mit zusätzlichen Einrichtungen von Dachbegrünung und mehr Freizeitangeboten eine größere lukrative Nachfrage genieren, letztlich auch ein lohnendes Investment sind.