Die Immobilienwirtschaft auf unsicherer Reise

Auch drei Wochen nach dem Shutdown ist der Immobilienmarkt wie eingefroren. Das einstige „Betongold“ beweist in diesen Zeiten wie immobil es ist. Die großen offenen Fonds tun sich schwer den rasanten Börsenverfall wegzustecken und zum Teil werden schon erste Auffanggesellschaften gegründet. Wichtig wäre jetzt für viele eine gründliche Potentialanalyse ihres Portfolios durchzuführen und drohende Risikopotentiale aufzuspüren. Denn Mieteinnahmen werden in den nächsten Monaten ganz oder teilweise bei einigen Assetklassen wegfallen.

So wie in der Krise 2008/2009 könnte wieder der Trend zu den alten Plattenbauten bei ausländischen Investoren hoch im Kurs stehen. Damals waren sie die Einzigen die bereit waren sie zu erwerben. Denn wenn steigende Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit droht, dann sollte schon wenigsten die Miete niedrig sein. Auch kleinere Wohnungsgrößen stehen damit wieder im Fokus. 

Fast über Nacht wurden nahezu alle laufenden Vertragsverhandlungen über bevorstehende Immobilientransaktionen abgebrochen oder einfroren. Bereits unter Dach und Fach geglaubte Verkäufe wurden noch in letzter Sekunde abgesagt und Zahlungen gestoppt. Nicht nur der Verkauf der Fluglinie Condor ist davon betroffen. Wer in der Krise nicht kaufen muss, kauft heute vorerst nicht. 

Jetzt kommt es darauf an neue Lösungsansätze für die in Notgeraten zu schaffen. Investoren, Entwickler und Banken begreifen wieder einmal im gleichen Boot zu sitzen. Die hohen Verluste sehr vieler privater Anleger und kleiner Unternehmen tragen nicht gerade für eine positive Stimmung bei. Während die Großen über das Danach debattieren und Ihre Zeit erst noch kommen sehen, kämpfen die Kleinen ums Überleben. 

Die Privatverkäufe sind kurz danach um weit mehr als 12% eingebrochen und sinken weiter. Für die ersten leerstehenden Mietflächen sind jetzt zeitnah alternative Nutzungsideen gefragt. Bald werden wir leider erste Verödungstendenzen in den Innenstädten der Mittelstädte sehen. Dies gilt ganz besonders für die schon vor der Krise angeschlagenen Einkaufszentren. 

Es wird Hand in Hand mit dem Anstieg von Arbeitslosigkeit und weiterer Kurzarbeit einhergehen. In den USA war in nur wenigen Wochen ein Anstieg um 20 Millionen Arbeitslose zu beklagen; unvorstellbar in welch kurzer Zeit dies alles erfolgte. Bleibt nur zu hoffen, dass es sich andersherum ähnlich schnell wieder zum Positiven wendet. 

Nach dem Bauhauptverband trug 2018 das Baugewerbe „5,3 % zur gesamtwirtschaftlichen Bruttowertschöpfung bei. Der Anteil des Bruttoinlandsproduktes, der für Bauinvestitionen verwendet wurde, war mit 10,3 % nahezu doppelt so hoch. Der Anteil des Baugewerbes an der gesamten Beschäftigung lag bei 5,6 %.“

Auf den heute noch laufendenden Baustellen ist zu beobachten, dass die Fertigstellungszeiten nicht mehr eingehalten werden können. Es fehlt durch die Schließung der Grenzen massiv an ausländischen Fachkräften. Auch die Zulieferung an Material ist nicht mehr gewiss. 

Schauen wir auf die Notare dann hören wir, dass kaum noch Termine gebucht werden. Wie war es da noch vor Kurzem. Gut wer rechtzeitig einen Termin geblockt hatte. Auch Google verzeichnet einen Rückgang bei der Suche nach Immobilienangeboten. 

Die adhoc Maßnahmen der Bundesregierung sind zwar zu befürworten, dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Raten für Wohnungskredite nicht auf Dauer gestundet werden können. Es sind eng miteinander verflochtene Kettenglieder. Sobald ein Glied der Kette ausfällt, zieht es alle anderen Glieder der Kette in Mitleidenschaft. Fallen Mieten aus, dann ist in der Regel der Eigentümer in sehr kurzer Zeit durch den Kreditgeber dazu aufgerufen seine Eigenkapitalquote den neuen Risiken anzupassen. Zeitnah kommt es zu einer neuen Risikobewertung mit höheren Zinsen und einer gleichzeitig zu erhöhenden Eigenkapitalquote. 

In der Krise ist die Folge, dass die Eigentümer bestrebt sind schnell Kostenreduzierungen durchzuführen. Instandsetzungen fallen dann oft weg. Eine Reduzierung der Mieten oder einem gänzlichen Ausfall dieser bedeutet, dass sowohl Gewerbesteuer und in der Regel der Großteil der Nebenkosten weitgehend erhalten bleiben. 

So sortiert sich der Markt im Laufe der Zeit erst einmal neu. Wir wollen hoffen, dass uns die Pleitewelle, wie wir sie noch aus den Jahren 2008/2009 in Erinnerung haben, nicht wieder in der gleichen Höhe erreicht und die vielen pessimistischen Aussagen einer historisch heute noch viel größeren neuen Pleitewelle sich nicht bewahrheitet.

Doch viel schlimmer trifft es wahrscheinlich den Einzelhandel, ausgenommen der Lebensmittelbereich. Der Leerstand dürfte hier in den nächsten Monaten für uns alle deutlich sichtbar werden. 

Steigen die Risiken für die Finanzierung, so ist zu erwarten, dass die Zinsen, die sich heute auf einem historischen Tiefstand befinden, langsam aber sicher, wieder steigen werden. Höhere Zinsen führen jedoch zu einer Entwertung der Immobilie. Immobilien Besitzer dürfen deshalb mit Recht besorgt sein. Werden Finanzierungen in den nächsten Jahren teurer, dann werden aller Wahrscheinlichkeit auch die Immobilienpreise sinken. Parallel dazu wird die Staatsverschuldung ein unvorstellbar hohes Maß erreichen. Je mehr Verschuldungsquote der Staat in den nächsten Monaten erreicht, umso mehr wächst das Risiko einer parallel dazu einhergehenden Geldentwertung. 

Diejenigen, die noch über genügend Kapital verfügen, werden in einer solchen Krise davon profitieren. Ihre Chancen steigen dann zu einem günstigen Zeitpunkt einkaufen zu können, somit steckt Corona eben auch Immobilien an. 

Wir dürfen aber auch nicht übersehen, dass die Immobilienpreise in den letzten Jahren einen astronomischen Wertzuwachs zu verzeichnen hatten. Auch ohne Corona war der Pick aller Wahrscheinlichkeit bereits erreicht, wenn nicht sogar überschritten. 

Der Absturz an der Börse war für die Wohnungsaktiengesellschaften eigentlich noch relativ moderat. Die Deutsche Wohnen haben an der Börse zwischen 10-15 % verloren. Dagegen hat Roundtown mit seinem vorwiegenden Hotel- und Büroportfolio seinen Börsenwert nahezu halbiert. Auch in China können wir einen starken Rückgang der Verkäufe feststellen. In China hatte sich der Immobilienmarkt in den großen Megastädten in den letzten Jahren deutlich überhitzt.

Derzeit sind Immobilienfinanzierungen in Deutschland um ungefähr ein Fünftel gesunken. Neue Projekte haben sogar um die Hälfte abgenommen. Corona trifft alle Assetklassen, wenn auch mit unterschiedlicher Intensität, aber eben weltweit. So gibt es keinen Ausweichmarkt sowie damals in der Bankenkrise. Hier ist der gesamte Weltmarkt von einem Shutdown betroffen.

Es wird interessant sein zu sehen, wie sich die unterschiedlichen Gesellschaftsformen, von liberalen Gesellschaften zum Teil mit Föderalismushintergrund wie in Deutschland, gegen staatlich gelenkte Gesellschaftsordnungen in dieser Krise behaupten werden. So ist es auch eine Systembewährung dieser Gesellschaftsordnungen. 

Sicherlich dürfte in einer freien Gesellschaft, ganz besonders die Vielzahl der Kreativitätspotentiale hilfreich sein. Auch wird es von Bedeutung sein zu sehen, wie sich in einer solchen Krise Solidarität und Stabilität in diesen unterschiedlichen Gesellschaftsordnungen behaupten wird. Es wird auch darauf ankommen den Willen des Einzelnen zu fördernden, um etwas wieder zum Besseren durch sein unmittelbares Zutun zu verändern. Also die Kraft des Einzelnen wird sehr viel mehr zum Vorschein treten, da der Einzelne unmittelbar davon profitieren kann, letztlich um etwas Neues anzufangen und die Dinge wieder voranzubringen.

Doch zunächst werden wir mit einer bevorstehenden Insolvenzwelle und massiven Kreditausfällen rechnen müssen. Kommt es zu einer globalen Insolvenz, dann gelten die alten bekannten Regeln für Einpersonenhaushalte mit einem Ausfallrisiko von 100.000 € und bei Ehepaaren bis zu 200.000 €. Dabei werden jedoch auch die Bankschließfächer in die Betrachtung mit einbezogen. Kommt es zu einer Insolvenz der Bank, wird schon Im Vorwege, im Fall eines sogenannten Moratoriums, also die Vorstufe einer Insolvenz, die Schließung der Bankschließfächer angeordnet. Somit sind Bankschließfächer in einem solchen Fall keineswegs sicher. 

Es darf nicht übersehen werden, dass die Kreditvergabe, trotz staatlicher Hilfe, auch in diesem Corona-Zeiten einzig und allein der kreditgebenden Bank obliegt. 

Es ist wieder die Zeit der steigenden Kluft zwischen Arm und Reich. Nicht wenige Experten meinen, dass diese Corona-Krise weit über 5 % des BIP kosten wird und damit sehr viel umfangreicher ist als die Bankenkrise 2008/2009. Wie erwähnt, haben wir vielleicht parallel zur Bewältigung der Krise eine ganz andere Dimension, nämlich einen Systemwettbewerb zwischen den unterschiedlichen Gesellschaftsordnungen. 

Die Chinesen haben in einer ganz bestimmten Art und Weise auf diese Krise reagiert. Bei uns läuft dieses alles sehr viel differenzierter und man könnte dieses auch so formulieren, ein heterogenes koordiniertes positives sich verbesserndes Zusammenarbeiten. In diktatorischen Systemen sind die Entscheidungsabläufe dagegen sehr viel kürzer. Es gibt auch keine ausgeprägte kritische öffentliche Meinung. Insofern mögen die Durchgriffsmöglichkeiten in einem solchen System natürlich zunächst sehr viel größer sein. In unserem Gesellschaftssystem ist die Eigenverantwortung des Menschen dagegen sehr viel mehr gefordert und sie spielt eine sehr viel größere Rolle. Vorausgesetzt die Menschen sind auch bereit diese Verantwortung zu übernehmen. Doch bereits in den zurückliegenden wenigen Wochen hat man dieses erkennen können.