Gefährliches Spiel über Verlässlichkeit und Wandel

Veränderungen sind angezeigt

Es ist schon bemerkenswert. Vor ungefähr 10 Jahren hatten wir noch den höchsten Stand ausländischer Investoren bevor es dann jäh mit dem Beginn der Immobilienkrise abbrach. Heute, 2019 haben wir im Verhältnis zu den lokalen Investoren wieder den höchsten Stand ausländischer Investitionen, wie zuvor, fast 40 Prozent.

Was wir jedoch beobachten ist ein zunehmender Verkauf von Immobilienpaketen durch ausländische Investoren, die Ihre Anteile am Markt platzieren, um noch so rasch wie möglich Kasse zu machen. Sind es deutliche Signale einer Kehrtwende?

Mittlerweile ist der eingesetzte wirtschaftliche Abschwung keine Prognose mehr, sondern über die Bundesländer zwar unterschiedlich verteilt, heute bittere Realität. Das Schlusslicht führt Rheinland-Pfalz, Bremen Saarland, gefolgt von Sachsen und Baden-Württemberg, die mit ihrer Autoindustrie zu kämpfen haben an. Die parallel dazu heftigste und sehr emotional aufgeheizte Mietendiskussion in Berlin bzw. der damit einhergehenden Kapitalumverteilungen im Sinne einer „Renaissance des Sozialismus“, zeigt erste Reaktionen bei den Investoren. Morgan Stanley hat die Deutsche Wohnen abgestuft, das Kursziel um über 20% und den Substanzwert um 10 bis 12% gesenkt. Die Baugenehmigungen sind zum Vorjahr um 2,1 Prozent in Berlin zurückgegangen, die Mietendiskussion wird diesen Prozess noch verschärften. Auch kleinere Handwerksbetriebe spüren diese Auswirkungen sofort. Ihre Auftragsbücher sind im Forecast nahezu leergelaufen; unvorstellbar in welcher Geschwindigkeit dies vonstatten geht.

Die Banken werden ebenso zunehmend vorsichtiger. Projektentwicklungen werden immer schwieriger zu finanzieren. Niemand ist mehr gerne bereit, als einziger Risikoträger für ambitionierte Projektrealisierung in unsicher werdenden Zeiten so ohne weiteres zu finanzieren. Die Restriktionen heißen jetzt so wie früher: Möglichst 40 Prozent Vorvermietungsstand, ein solides Bauunternehmen, möglichst mit Fertigstellungsgarantie, ausreichendes nachweisbares legales Eigenkapital und eine auskömmliche Sicherheitsmage. Um die 20 Prozent beim Developer sind notwendige Voraussetzung für einen Kredit. Hinzukommen Standort, Prosperität und ein akzeptiertes Nutzungskonzept mit Langzeitperspektive. Und selbst dann bleibt eigentlich fast jedes Immobilieninvestment wenig lukrativ, insbesondere da der Wert des Investments wahrscheinlich nicht mehr so deutlich steigt. Denn, bei um die drei Prozent Anfangsrendite, ist das Real Estate Investment nur bedingt lukrativ. Es rechnet sich nur durch die heute noch schlechtere Depotvariante, wo Negativzins und Geldentwertung dagegenstehen. Es scheint so, als ob das ganze System ist in Schieflage geraten ist, – letztlich für alle Beteiligten. Ungefähr ein Drittel der Firmenkunden erwartet eine weitere restriktivere Kreditvergabe. Die Hürde für eine Kreditvergabe wurde merklich angezogen.

Welche Assetklasse im Real Estate wird wohl Zukunft haben? 

Die Shopping Malls mit ihrem derzeitigen Nutzungsmix ganz bestimmt nicht mehr. Die Bereitschaft bei den Eigentümern etwas Neues zu versuchen und aus den oft hervorragenden innerstädtischen Shopping-Mall-Standorten etwas zukunftsweisendes zu machen ist leider gering.

Ebenso verlieren die örtlichen Bau- und Mediamärkte gegenüber dem Onlinehandel an Akzeptanz. Die Muttergesellschaft Ceconomy wird wohl bei Saturn und bei den Mediamärkten diese zusammenlegen und Verkaufshäuser abstoßen oder verkleinern. Der Aufbau einer eigenen Online Plattform war nicht besonders erfolgreich. Nicht zuletzt auch durch die unglaubliche Produktdifferenzierung, insbesondere bei den technischen Produkten. Denn ein Handy, ein Laptop oder eine Spiegelreflexkamera sind in derart unterschiedlichen Variationen zusammenstellbar, was kein lokaler Händler mehr vorhalten könnte. Selbst die Autobranche sucht immer mehr im Onlinemarkt nach neuen, schnellen und kostengünstigen Absatzwegen.

Also wo noch im Real Estate investieren? Vielleicht trotz Mietendeckeldiskussion im Wohnungsmarkt oder besser Wohnungsneubau?

Eines scheint jedoch sicher zu sein, der Trend zum Zuzug in die Städte ist ungebrochen. Die Städte wachsen weiter und fordern ihren Tribut von den alteingesessenen Bewohnern. Wer die gestiegene Miete nicht mehr zahlen kann, muss gehen. In dieser Spirale werden die Arbeitsplätze immer qualifizierter und die Bewohner immer jünger. Berlin muss jährlich weit um die 40.000 Neuberliner verkraften, ganz zu schweigen von der stetig wachsenden Zahl ihrer Pendler. Insbesondere Hauptstädte ziehen mehr ausländische Neubürger an. Davon kamen 2018 fast 27.000 aus dem Ausland nach Berlin.

Setzt sich die Berliner rot-rot-grüne Koalitionsregierung mit dem erdachten „Mietendeckel“ durch, dann wird die Investmentnachfrage im Wohnungssektor durch diese einschneidende staatlich verordnete Absenkung der Mieten zu sinkenden Verkehrswerten des Wohnungsbestandes führen. Über kurz oder lang wird es, wie viele Experten vermuten, weniger Wohnungsinvestment geben. Grotesk dabei ist, dass „Stadt und Land“ die Genossenschaften als Partner auswählte, weil diese für langfristig günstige Mieten stehen und aus einem der wichtigsten Bauprojekte in Berlin ausstieg und dieses mit der Einführung des Mietendeckels begründen. Vielleicht wird sogar der Wohnungsmarkt zum Erliegen kommen. Die großen Wohnungsgesellschaften werden diese Phase versuchen auszusitzen. Kommt es nach fünf Jahren tatsächlich zu einer Aufhebung der staatlichen Restriktionen, wird eine besonders heikle Anpassungsphase die Folge sein.

 Smart City Herausforderungen

Viel zu schleppend kommt der Umbau der digitalen städtischen Infrastruktur voran und hinkt leider mächtig hinterher. Kaum ausreichend Elektro-Ladestationen, gerademal 532 in Berlin. Immer noch diverse Parkplätze und Garagen, die das Stadtbild nicht gerade vorteilhaft prägen. Dagegen werden die Grünanlagen eher dürftig gepflegt und wer am späten Abend als Abkürzung eine Grünanlage des Tiergartens durchquert, ist eher großstadtfremd.

Der Pendlerverkehr (320.000 pendeln Werktags nach Berlin) und wächst weiter. Professionell überwachte große Parkplätze vor den Toren der Stadt sind viel zu wenige vorhanden und kaum einladend. Der ÖPNV muss sich regelmäßig entschuldigen, dass es leider wieder zu wenig Züge gibt, oder die Frequenz nicht erhöht werden konnte, aus welchen Gründen auch immer. Hier fehlt es an einer Vision, einem tragenden und akzeptierten Leitbild.

Ebenso ist bis heute ein flächendeckendes mobiles Netz mit einer guten Internetverbindung in den Zügen nach wie vor nicht immer der Fall. In der City wird es wohl noch Monate dauern bis mobiles 5G Einzug hält. So ist eine gelenkte Navigation für den Fußgänger immer noch eine Wunschvorstellung. Da hilft nur der traditionelle Stadtplan oder die Handy-Map und dazu der Fahrplan für den ÖPNV, um sich zurechtzufinden.

Was wir allerdings beobachten sind zunehmend exklusivere Wohnanlagen und Konzepte der High End Class in der Innenstadt. Doch mit der Folge der damit einhergehenden üblichen Segregation. Neue Smart City Innenstädte bräuchten ein dichtes Netz an öffentlichen Smart Mini-PKWs, die vielleicht sogar kostenfrei zur Verfügung stehen. Also es ein komplett anderes öffentliches PKW-Ersatznetz wäre eine Alternative als Ablöse des PKW Individualverkehr in der City.

Gleiches gilt für den Gewerbeverkehr, der komplett anders organisiert werden müsste. Angefangen von den heute schon vorhandenen Fahrradauslieferungsangeboten mit Anhänger für den Kleinwarentransport. Sie kommen in der Innenstadtsehr viel leichter voran, und vor allem können sie vor jeder Eingangstür parken. Oder dem Warentransport unter der Erdoberfläche durch Rohre, wie beispielsweise in Helsinki. Es gäbe also viele Möglichkeiten in der Stadt zum Investment, allem voran die digitale sowie physische Infrastruktur.

Die notwendige Entlastung des engen zur Verfügung stehenden städtischen Raumes wird nur dann stattfinden, wenn die städtische Steuerung von Waren und Mensch durch neue Sensortechniken und Transponderüberwachung erfolgt, jedoch mit einer lückenlosen Überwachung als Kehrseite der Medaille. Die Implementation ist in den asiatischen Smart Cities sehr viel problemloser möglich, wie diverse Anwendungen belegen. Dies wird kurzfristig in Europa in unserer liberalen Gesellschaft kaum umsetzbar sein. Vielleicht möchte man sagen, auch gut so. Denn Digitalisierung, in welcher Form auch immer, hat fast immer mit der Zuordnung von Daten und realen Geschehnissen im Zusammenhang mit Menschen zu tun. Damit geht natürlich einher, dass unsere internationalen Konzerne, die auf diesem Gebiet aktiv Produkte entwickeln, weiter keine praxisnahe Forschung in Europa durchführen können, um ihre Produkte zu optimieren. Sie werden sich mehr und mehr abwenden. 

Digitalisierung erleichtert vieles, aber macht auch unmündiger und weniger verantwortungsbewusster. Denn alles ist überwacht und vieles bei einem Verstoß zeitgleich sanktioniert. Der Falschparker hat bereits beim Verlassen seines falsch geparkten Autos das „Ticket“ erhalten und der Betrag wurde zeitgleich abgebucht. Sonst würde man es vielleicht nicht tun, weil man die eigene Verantwortung für die Gesellschaft spürt und ebenso von den anderen ein ähnliches Verhalten erwartet. Und dies ohne staatliche Sanktion. Also mit der Digitalisierung nimmt der gesellschaftliche Zusammenhang unausgesprochener Regeln ab. In der digitalen Welt droht die Gefahr sich nicht mehr aus Anstand konform verhalten zu müssen, weil es bei einer Verfehlung eh mit hoher Wahrscheinlich zu Sanktionen führt. Der Maßstab der Handlung ist die Sanktion.

Wo noch Investieren, an welchen Standorten?

Fehlen internationale Investoren so nimmt die Dynamik der städtischen Entwicklung rapide ab. Wenn, wie in Berlin nahezu 40 Prozent ausländisches Kapital in den Immobilienmarkt einfließt, lässt sich dieses Kapital kaum im Handumdrehen ersetzen. Das Interesse des ausländischen Kapitals ist bisher durch verlässliche Rahmenbedingungen bestimmt. Ausländische Investoren betonen, dass sie Deutschland in Europa für den wirtschaftlich stärksten und dynamisch lukrativsten Markt erachten. Vor allem für den politisch sicherersten und stabilsten, mit einer verlässlichen Demokratie und einer hohen Rechtssicherheit.

Eine politische Veränderung wurde bislang als äußerst unwahrscheinlich beurteilt. Dennoch besteht gegenüber den jüngsten politischen Herausforderungen eine deutlich zugenommene Aufmerksamkeit. Insofern wird die jüngste „Enteignungsdebatte“ durch den Mietendeckel sehr kritisch betrachtet. Immerhin würde mit Einführung staatlich verordneter reduzierter Mieten der Verkehrswert, eines großen Teils der Immobilien mit der Zeit, sich bis zu 30 Prozent reduzieren.