Entseelte Feriendomizile als exportierte Luxuskulturgüter

Egal welchen beliebten Ort wir uns auf Mallorca anschauen, leerstehende Apartments oder Villen. Selbst in der Hochsaison sind sie nicht bewohnt. Wie sollte es bei der Fülle des Angebots auch anders sein.

Es bedeutet durch neu erschlossene Luxusquartiere zu laufen, die sich durch mächtige Eingangstore, hohe Mauern und wunderschön angelegte Vorgärten auszeichnen. Doch diese Ferienhausbebauung hat heute gar nichts mehr mit der wunderschönen mallorquinischen Architektur, mit seinen sandfarbenen, warmen Tönen zu tun. Heute heißt es: Schneeweiße Fassaden, riesige rahmenlose entseelte Fensterfronten, möglichst alle zum Wasser orientiert, die Wohnräume mit gerne mehr als 100 qm Erlebnisfläche und wenn es etwas ganz besonders sein darf, den Swimmingpool mit einer Glaswand zum Meer geöffnet. Dies sind die heutigen Symbole einer nachgefragten Ferienhausarchitektur. Damit es gut funktioniert, natürlich alles mit Air-Kondition versehen.

Diese beliebige Architektur finden wir ebenso an anderen Plätzen der Welt, wie Kalifornien oder auch in Grimaud an den Hängen in der Provence mit dem wunderschönen Blick auf das Mittelmeer.

Die Ignoranz der „Neuankömmlinge“ kennt keine Grenzen, denn immerhin wird investiert, Arbeitsplätze sind damit verbunden, das Anwesen muss unterhalten werden und schafft wiederrum Arbeit, da wäre es doch vermessen sich vorschreiben zu lassen wie man Urlaub in seinen vier Wänden machen sollte. Der Preis zum Teil exorbitant. Was in der Heimat im sozialen Umfeld nicht geht, hier geht es. Nur das Beste ist gut genug. So sind auch Kaufpreise von € 25 Mio. für die Villa möglich. Es staffelt sich schnell von € 1,5 über 3,0 bis 5,0 Mio. für jeden Geschmack das passende Anwesen in der Ferne.

Der Kontrast könnte kaum größer sein. Es soll hier keine Sozialschelte sein. Aber etwas mehr Rücksichtnahme und Weitblick wäre wohl von allen angebracht. Nicht alles muss erst wieder durch den freien Markt geregelt werden. Denn nicht nur die High Society zieht weiter. So wie die Region einst hipwar, kann sie in wenigen Jahren wieder völlig out sein. Dies hilft dann Keinem, weder den Bewohnern vor Ort noch den Eigentümern ihrer einst so noblen Domizile.

Wie schnelllebig die Entwicklung ist, kann man an den jeweils neuen Developments sehen. Dort wo das aktuelle Development erfolgt, ist eine perfekte Infrastruktur von Straßen, Wegen und weiteren Einrichtungen gebaut worden, doch dort wo das Gebiet schon in die Jahre gekommen ist, verfällt optisch ablesbar die Infrastruktur. Sie Straßen sind marode, tiefe Schlaglöcher, desolate Bürgersteige, defekte Verteilerkästen mit offenen Zugängen gehören zum Erscheinungsbild. Hinzukommen mehrere zum Verkauf anstehende ungepflegte Ferienhäuser mit verwilderten Vorgärten.

Gemeinden und Städte haben sich bereits verabschiedet. So bedeutet beispielsweise Development in Spanien, dass der Entwickler die Infrastruktur mitliefert. Pflege und Instandhaltung scheinen manchmal nicht richtig geregelt zu sein und so verkommt das Areal je älter es wird. Ein schleichender Verslammungseffekt setzt ein.

Wer sollte sich auch darum kümmern?
Die Eigentümer wohnen nicht dort, die Bevölkerung vor Ort nimmt eh keinen Anteil an der Flut der ständig wachsenden, immer wieder neuen Areale. Also wer sollte verantwortlich sein? Wohl war, der freie Markt wird auch dies schon regeln. Die Preise werden drastisch fallen und irgendwann wird der Zeitpunkt eines Revivals kommen. Doch bis dahin herrscht Tristes. Eine kontinuierliche Entwicklung ist so nicht möglich.

Nun, es ist nichts Neues, schon immer hatten wohlhabende Familien ihren Sommersitz an der Côte oder den mondänen Kurorten. Aber heute hat es eine Dimension erreicht, die damit nicht mehr zu vergleichen ist.

Permanenter „Leerstand“ erstreckt sich über ganze Landstriche und bestimmt dort die Entwicklung. Man schaut von einem geschlossenen Fensterladen zum anderen. Es prägt nicht selten das ganze Bild eines schlafenden Dorfes.

Und dies gilt aber nicht nur für die Ferienorte am Mittelmeer. Auch die attraktiven großen Agglomerationen, wie New York oder London sind partiell davon betroffen. Es ist opportune dort sein Luxus-Loft-Apartment sich einzuverleiben, auch wenn es nur zweimal Mal im Jahr genutzt wird. Da die Zahl der Vermögenden, die bereit sind dafür ein Investment zu tätigen, sich im Gegensatz vor vierzig Jahren mehr als verhundertfacht haben, sind die Auswirkungen nicht vergleichbar.

Es wäre wünschenswert, wenn der Entwicklungsprozess einen klaren, politisch städtebaulichen Rahmen bekommt, der für die EU gilt, sodass es nicht zu diesen stellenweisen Ausuferungen kommen muss.

Wenn wir hier nicht massiv einschreiten, werden an den schönsten Stränden und den attraktivsten Gegenden, einstige historische Kleinode, endgültig zerstört. Das örtliche kulturelle Erbe wird Stück für Stück abgebaut und verschüttet, oder besser gesagt vernichtet, da man es nicht wieder ausgraben kann, denn es braucht immer einen persönlichen Träger, der es schätzt, diese Herausforderung anzunehmen.

Er muss an der kontinuierlichen Weiterentwicklung interessiert sein. Er sollte dazu berufen sein, es zu bewahren. Und dies kann nicht nur der Bewohner vor Ort sein, es muss auch der Ferienhausbesitzer darin seine Verantwortung erkennen. Da dieses bisher nicht so ist, muss es klare Regeln und verbindliche Vorgaben geben. Wir sollten die begrenzte ökologische und die kulturelle Belastbarkeit dieser Orte nicht unterschätzen. Es brodelt bei vielen Bewohnern unter der Decke und hat so manchen Betroffenen aufgeschreckt und damit ist es mehr als eine rein städtebauliche Frage.